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Lernen mit Virtual Reality – Wie sinnvoll ist der VR-Einsatz im Unterricht?

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Quelle: Getty Images/Westend61
Bei Videospielen sind die optisch markanten Virtual-Reality-Brillen schon länger eine feste Größe. Doch auch im Bildungsbereich kommen sie in virtuellen Szenarien immer öfter zum Einsatz. Es herrscht aber oft noch Skepsis. Denn einige Dinge sprechen gegen die Technologie.

Worum geht es

Statt Sprachreisen in ferne Länder zu unternehmen, daheim auf der Couch in einer virtuellen Umgebung auf Italienisch einen Espresso in einem Café oder auf Englisch Fish and Chips an einer Imbissbude bestellen? Was ein wenig wie Science-Fiction klingt, ist mithilfe von Virtual Reality (VR) möglich.

„In virtuellen Umgebungen können Lernende aktiv handeln und kommunizieren und das ganz ortsunabhängig“, sagt der Pädagoge Timo Ahlers, der zu VR an der Universität Potsdam forscht.

Doch was ist VR? „Das ist eine computergenerierte, also rein digitale Umgebung, in der man sich virtuell in Echtzeit bewegen kann“, erklärt Ahlers. Erlebbar werde diese durch ein sogenanntes Head-Mounted Display, besser bekannt als VR-Brille: „Damit wird mein Sehen und Hören quasi mit der virtuellen Umgebung gekoppelt.“

Die Simulation von Café- oder Arztbesuch, das Lösen von Rätseln in einem Labyrinth, ein Basketballspiel oder ein Gespräch am virtuellen Lagerfeuer: VR mach vieles möglich. Das Besondere ist, das sich etwa Sprachtraining mit dem virtuellen Besuch von Orten verbinden lässt. „Mit einer VR-Brille kann man sich in eine äußerst realitätsnahe Situation begeben“, sagt Ahlers, der mit seinem Team unter anderem das spielbasierte Sprachenlernen in virtuellen Umgebungen erforscht hat.

Eines der Forschungsergebnisse: Um die kommunikativen Fähigkeiten beim Sprachenlernen zu verbessern, kann der Einsatz von VR sinnvoll sein. „Wenn man Selbstlernkurse belegt, kommt man selten zum Sprechen und zum Zuhören“, erklärt Ahlers. „In den VR-Anwendungen wird gerade die mündliche Kompetenz trainiert.“

Das Erkunden einer virtuellen Umgebung oder das Lösen von Aufgaben bieten Anreize für Gesprächsthemen. Dabei flexibel einsteigen zu können, ohne an bestimmte Kursangebote oder Zeiten gebunden zu sein, sei ein weiterer Vorteil der virtuellen Lernwelten.

Auch zahlreiche Volkshochschulen setzen auf VR. Neben Vorträgen zu Einsatzszenarien für Beruf und Freizeit werden auch immer mehr Bildungsinhalte durch VR vermittelt, erklärt Sabrina Basler vom Deutschen Volkshochschul-Verband.

Hierzu gehören virtuelle Exkursionen, Stadtführungen oder Museumsbesuche sowie berufliche Trainings. „Alle Angebote, bei denen die Teilnehmenden VR selbst ausprobieren können, werden hervorragend gebucht. Das Interesse kommt dabei aus allen Altersgruppen“, so Basler.

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VR kann auch bei der Vermittlung komplexer Arbeitsschritte helfen, etwa in der Berufsbildung. So können Auszubildende bei der Bahn das Bedienen neuer Züge zunächst in virtueller Umgebung lernen oder Medizinstudierende Operationen simulieren, bevor sie jemals wirklich einen Zug fahren oder an einem echten Patienten operieren.

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„Als Vorbereitung auf eine reale Situation kann es sinnvoll sein, eine Aufgabe schon einmal virtuell bewältigt zu haben“, sagt Timo Ahlers. „Ich sehe immer da einen Nutzen, wo VR effektiver oder kostengünstiger ist.“ Bevor etwa ein ganzer Bereich eines Flughafens abgesperrt werden muss, könnten Bodenpersonal-Azubis Wege oder Maschinen zunächst einmal per VR-Brille kennenlernen.

Virtuelle Exkursionen statt echter Reisen

In den Volkshochschul-Kursen will man mittels VR Lerngegenstände visualisieren und auch auditiv erleb- und erfahrbar machen. „Weit entfernte Lern- oder Erlebnisräume können so auch Menschen zugänglich werden, die aus sozialen oder Altersgründen regulär keinen Zugang zu diesen Erfahrungen hätten, etwa virtuelle Exkursionen als Ersatz für reale Reisen“, erläutert Sabrina Basler.

Auch in Schulen ist der VR-Einsatz denkbar und wird in Pilotprojekten bereits erprobt: Etwa eine Zeitreise in die Antike im Geschichtsunterricht, in Biologie durch den menschlichen Körper wandern oder eine Expedition zum Erdkern in Geografie.

Doch bei Jüngeren ist Vorsicht geboten: „Bei Schülerinnen und Schülern ist die Nutzung unter 13 Jahren eher nicht geeignet, weil die Sehentwicklung noch nicht abgeschlossen ist“, erklärt Timo Ahlers. Ab 14 Jahren könne man VR-Anwendungen aber im Unterricht einsetzen.

Schlauer mit Brille: Kann Virtual Reality beim Lernen helfen?
Eine Zeitreise in die Antike oder eine Wanderung durch den menschlichen Körper: VR macht es möglich und wird bereits in diversen Schulen erprobt
Quelle: dpa-tmn/Ina Fassbender

VR-Brille für rund 300 Euro

Doch der VR-Einsatz im Bildungsbereich ist derzeit vor allem durch hohe Kosten noch ein Nischenthema. „Oft sind die Apps noch Demos oder kleinere, sehr partielle Anwendungen“, so Ahlers. „Ganz große Lernanwendungen gibt es kaum, weil der Entwicklungsaufwand aktuell noch relativ hoch ist.“

Hinzu kommt das Equipment. „Günstige Brillen bekommt man derzeit so um die 300 Euro“, sagt Ahlers. Es gebe aber auch Leihmöglichkeiten und Brillen ohne eigene Displays, in die ein Smartphone eingesetzt wird. „Was als kostengünstige Lösung gedacht ist, funktioniert technisch nicht ganz so gut“, sagt der Experte über solche VR-Lösungen, die um die 100 Euro kosten.

Auch die Volkshochschulen sehen die Kosten als Schwachstelle. „Die Anschaffung, Wartung und Instandhaltung des notwendigen technischen Equipments ist, angesichts der zumeist knappen Budgets der Volkshochschulen, kosten- und zeitaufwendig“, sagt Sabrina Basler.

Zukunftsfähigkeit von VR

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Wie steht es also um die Zukunftsfähigkeit von VR? „In der Breite ist das Gaming aktuell klar vorn“, sagt Wissenschaftler Ahlers, der VR-Anwendungen trotz teils positiver Effekte ohnehin nicht als Alternative zu herkömmlichen Lernvarianten sieht. „Die Erwartung, dass die virtuelle Welt als Spiegelbild der realen Welt funktioniert, finde ich ein wenig überzogen.“

Auch bei den Volkshochschulen herrscht noch Skepsis, ob und in welchem Umfang sich VR im großen Stil durchsetzen wird. „Es wird kritisch gesehen, ob die VR in der Fläche einen deutlichen didaktischen Nutzen hervorbringen kann, oder ob sich der Wow-Effekt der Technologie nicht schnell abnutzt“, sagt Sabrina Basler.

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dpa/jk

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