Anita Roddick (Bodyshop) hat es geschafft, Travis Kalanick (Uber), Steve Jobs (Apple) sowieso: Sie haben Unternehmen gegründet, die heute Milliarden wert sind. Doch warum gelingt manchen Persönlichkeiten der große Durchbruch? Gibt es Charaktereigenschaften, die über den Erfolg und Misserfolg von Gründern entscheiden?
Wissenschaftler von Universitäten in Oxford, Sydney und Melbourne sind überzeugt: Ja, die gibt es. Sie haben die Persönlichkeitsmerkmale von 21.000 Gründerinnen und Gründern nach Schlüsseln zum Erfolg untersucht.
„Wir haben herausgefunden, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale die Erfolgschancen von Start-ups entscheidend erhöhen“, sagt Paul McCarthy, Hauptautor der Studie und außerordentlicher Professor an der University New South Wales (UNSW) Sydney. Konkret sind es sechs verschiedene Persönlichkeits-Typen, die die Forscher unter den erfolgreichen Gründern ausmachen.
Den einen idealen Gründertyp gibt es demnach nicht, wohl aber den idealen Mix. Denn: Unternehmen mit drei oder mehr Gründern haben der Studie zufolge eine mehr als doppelt so hohe Erfolgswahrscheinlichkeit wie allein gegründete Start-ups.
Erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer seien weniger bescheiden, dafür aber aktiver und abenteuerlustiger als die meisten anderen Menschen. Sie hätten häufig eine Vorliebe dafür, im Mittelpunkt zu stehen. Sie brächten besondere Neugierde mit und liebten die Abwechslung. Hier unterscheiden sich Kernpersönlichkeitsmerkmale der erfolgreichen Start-up-Gründer den Forschern zufolge deutlich von denen der Allgemeinbevölkerung.
Nun haben die untersuchten Gründer allerdings keine langen Persönlichkeitstests absolviert. Die Forscher schlossen vielmehr aus ihren öffentlich zugänglichen Twitter-Konten auf deren Persönlichkeit, indem sie Sprache und Aktivitäten der Konten Mithilfe von Algorithmen auswerteten. Mit 82,5 Prozent Genauigkeit habe der Algorithmus die erfolgreichen Gründer unterscheiden können.
Erfolg wiederum maßen die Forscher mithilfe des weltweit größten Verzeichnisses für Start-ups, Crunchbase. Als erfolgreich galten für sie all jene Gründerteams, die ihr Unternehmen an die Börse bringen oder verkaufen konnten, oder die selbst eine andere Firma dazu gekauft haben.
Kämpfer, Anführer, Experte, Vollstrecker, Betreiber oder Entwickler
Sechs verschiedene Typen von Gründerinnen und Gründern gelangen solche Erfolge überdurchschnittlich häufig. Die „Kämpfer“ zeichneten sich durch besonders hohes Selbstbewusstsein aus, neigten aber auch zu Trübsinn und Wutanfällen. Die „Leader“ (Anführer) seien nicht nur besonders interessiert und abenteuerlustig, sie schnitten auch in den Kategorien Extrovertiertheit, Vertrauen in andere und Empathie besonders hoch ab. Die „Ingenieure“ (Experten) wiederum suchten die intellektuelle Herausforderung mehr als alle anderen und hätten eine starke Vorstellungskraft.
Die „Accomplisher“ (Vollstrecker) seien nicht nur offen und voller Energie, sie arbeiteten auch effizient, diszipliniert und zielgerichtet. Die „Operator“ (Betreiber) seien besonders oft in operativen Funktionen wie Service und Wartung zu finden und glänzten durch ihre Organisiertheit und Freundlichkeit. Die „Entwickler“ schließlich übernähmen häufig technische Funktionen. Sie seien nicht nur interessiert und engagiert, sondern auch durchsetzungs- und vertrauensstark.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt der Studie zufolge in der Kombination der unterschiedlichen Typen im Gründerteam. Drei Trios erwiesen sich den Daten zufolge als besonders erfolgreich: Ein „Leader“ mit zwei „Entwicklern“; ein „Operator“ mit zwei „Entwicklern“ oder ein „Ingenieur“ mit einem „Leader“ und einem „Entwickler“. In diesen Zusammensetzungen verdoppelte sich die Erfolgswahrscheinlichkeit doppelt so hoch wie in anderen Kombinationen.
„Die Gründung eines Start-ups ist größtenteils Mannschaftssport“, folgert McCarthy. Kein Wunder also, dass Investoren schon heute Teams aus unterschiedlichen Persönlichkeiten favorisieren. Die Studie, die unter anderem im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht wurde, könnte ihnen Aufschluss über die richtige Zusammensetzung geben.
Ob sie Männer und Frauen, die bei sich ausgeprägte Abenteuerlust, Neugierde, Energie und Extrovertiertheit erkennen, auch zu Gründungen ermutigen, wird sich zeigen. Nach Schätzungen der KfW gründen derzeit nur rund ein Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland ein Unternehmen. Studienleiter McCarthy aber schätzt, dass rund acht Prozent der Menschen weltweit Persönlichkeitsmerkmale hätten, die sie zu erfolgreichen Gründern machen könnten. Es gäbe da also noch durchaus Luft nach oben.