Großbritannien plant als erstes europäisches Land die Herstellung einer speziellen Form von Kernbrennstoff, um so die Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland weiter zu verringern. Wie die britische Regierung am Sonntag mitteilte, sollen 300 Millionen Pfund (umgerechnet rund 348,48 Millionen Euro) an staatlichen Mitteln investiert werden, um ein Programm zur Produktion von speziell angereichertem Uran vom Typ Haleu (High-Assay Low-Enriched Uranium) aufzubauen.
Haleu-Kernbrennstoff wird auf Werte zwischen fünf und 20 Prozent angereichert – während die meisten derzeit aktiven Atomkraftwerke mit rund fünfprozentigem Uran betrieben werden. Der Brennstoff wird für den Betrieb von Atomkraft-Reaktoren der jüngsten Generation benötigt – insbesondere für kleinere, modulare Reaktoren (Small Modular Reactors – SMR). Großbritannien plant den Bau solcher Reaktoren.
Zwar hat in den USA die Herstellung von Haleu-Brennstoff jüngst begonnen. Auf dem Weltmarkt in ausreichender Menge verfügbar ist nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bisher aber nur in Russland hergestellter Haleu-Brennstoff.
Die britische Energieministerin Claire Coutinho erklärte zu dem Programm, ihr Land habe dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „bei Öl und Gas auf den Finanzmärkten die Stirn geboten“ und werde es nun „nicht zulassen, dass er uns bei Kernbrennstoff erpresst“. Das Ministerium für Energiesicherheit schrieb in einer Erklärung am Sonntag: „Der Start des Haleu-Programms wird Großbritannien in die Lage versetzen, die Welt mit speziellem Kernbrennstoff zu versorgen und Putins Russland weiter zu isolieren“.
Großbritannien plant, bis 2050 rund 25 Prozent seines Strombedarfs mit Atomkraft zu decken. Dafür sollen mehrere neue Kraftwerke gebaut werden, das erste davon soll Anfang der 2030er Jahre in Nordwestengland ans Netz gehen. Bis 2030 sollen 95 Prozent des britischen Stroms aus Energieträgern mit niedrigen CO2-Emissionen gedeckt werden, bis 2035 will Großbritannien klimaneutral sein.