Am Mittwoch sind auf der Internationalen Handwerksmesse in München Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verbal aneinander geraten. Bei einer Podiumsdiskussion, moderiert von Handwerkspräsident Jörg Dittrich, stritten die Politiker über Atomkraft.
CSU-Politiker Söder sprach sich in dem Gespräch mit Verweis auf Klimaschutz und Verbraucherpreis für Kernenergie aus. „Irgendwie machen es alle“, stellte er in den Raum und zählte Länder wie Frankreich, Schweden und Tschechien auf. „Aus meiner Sicht wäre das Wichtigste: Verlässlichkeit und Planbarkeit mit einer eigenen Co2-reduzierenden Energie, wie die Kernenergie.“ Alles andere helfe auf Dauer nicht.
Das wollte der Vizekanzler nicht auf sich sitzen lassen und entgegnete: „Wir haben die bestehenden drei Atomkraftwerke länger laufen lassen.“ Er erinnerte zudem an den Entschluss, aus der Atomkraft auszutreten, den Söder mitgetragen habe: „Sie haben sogar mit Rücktritt gedroht, wenn das nicht sofort passiert.“
Söder unterbrach ihn daraufhin und fragte: „Waren Sie dabei?“
Habeck: „Ja.“
Söder: „Im Kabinett, im bayerischen?“
Habeck: „Nein, da nicht.“ Aber es sei ihm vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsident Carstensen damals aus Runden so berichtet worden. „Damals hatten wir 14 Atomkraftwerke. Unter der Regierungsbeteiligung der CSU sind elf abgeschaltet worden und drei haben wir länger laufen lassen.“
Doch damit nicht genug. „Es wäre glaubhafter, wenn sie sagen würden, wir haben einen Fehler gemacht, bevor man sagt: Ihr habt einen Fehler gemacht. Wenn man denn so scharf auf Atomkraft ist“, sagte Habeck und griff Söder anschließend direkt an: Es sei schwierig, wenn man für Atomkraft sei, Bayern aber gleichzeitig als einziges Land sage: „Kein Atomendlager bei uns.“
Aber das seien nur politische Anmerkungen, sagte er unter Applaus. Jeder müsse seine eigene Glaubwürdigkeit immer wieder überprüfen. Erneut Applaus. Habeck nutzte seine Redezeit und stellte klar: „Wir haben zwei Prozent Stromimporte aus dem europäischen Binnenmarkt, meist aus dem skandinavischen Raum.“ Davon seien 25 Prozent Atomstrom aus Frankreich. „Für alle, die sagen, wir hängen am französischen Atomstrom. Das ist alles homöopathisch, wenn ich das sagen darf“. Außerdem betonte Habeck, dass Frankreichs staatlicher Kraftwerksbetreiber EDF hoch verschuldet sei und nur durch staatliche Hilfen überleben könne.
Zum Auftakt der Messe hatte Handwerkspräsident Dittrich von der Bundesregierung mehr Taten statt Worte gefordert. Die Regierung müsse Bürokratie abbauen, Steuern senken und den Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähig machen: „Wir brauchen keine Fensterreden mehr, wir brauchen Handeln.“
Das Handwerk erwarte jetzt Taten, „nicht nur Verständnis“. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft und im Handwerk sei schlecht. In vielen Betrieben leerten sich die Auftragsbücher. Investitionen würden ausgebremst. Es fehle an politischer Verlässlichkeit. Die Bundesregierung müsse handeln, wo sie es selbst in der Hand habe: „Die Bürokratie liegt nicht an Russland oder Putin.“
Mit Blick auf 20.000 unbesetzte Ausbildungsstellen forderte Dittrich auch eine Wende in der Bildungspolitik, um nichtakademischen Bildungs- und Berufswegen mehr gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen. Gegen den Fachkräftemangel brauche es außerdem „qualifizierte und leistungsbereite Zuwanderung“, sagte Dittrich: „Alle, die leistungsbereit sind, sind im Handwerk willkommen.“
Am Freitag steht auf der Handwerksmesse das alljährliche Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Programm.