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In Tegel zeigt sich Europas Sonderweg beim autonomen Fahren

Wirtschaftsredakteur
Ein Testfahrzeug des deutschen Unternehmens Motors AI Ein Testfahrzeug des deutschen Unternehmens Motors AI
Ein Testfahrzeug des deutschen Unternehmens Motors AI
Quelle: MOTORS AI
Fahrerlose Autos spulen in den USA und China schon Millionen Kilometer pro Jahr im Straßenverkehr ab. Europa gibt sich deutlich vorsichtiger und verzichtet auf derartige Versuche. Dennoch wird auf dem alten Flugfeld in Berlin-Tegel eine neue Welle sichtbar.

Langsam steuert das fahrerlose Shuttle auf die alten Hangars mit den verwitterten roten Schiebetüren zu. Der Tag in Berlin ist trüb, das Gefährt rollt über das Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel im Nordwesten der Stadt. Im Inneren sitzen der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Gilbert Gagniare, Chef des Start-ups EasyMile, das die Software für das autonome Fahrzeug programmiert hat.

Politik und Start-ups – das ist in Deutschland eine wesentliche Verbindung, wenn es darum geht, Computern das Steuer von Autos zu überlassen. Wegners Besuch ist nicht nur ein typischer Termin, um in Kontakt mit der lokalen Wirtschaft zu bleiben, er passt auch zum deutschen Weg in Richtung autonomes Fahren.

Die EU will im Großen künstliche Intelligenz (KI) bereits in ihrem Entstehen in gesetzliche Bahnen lenken, und so ist es auch auf kleinerer Ebene. Bei einer der wichtigsten Anwendungen von KI, dem autonomen Fahren, tasten sich Unternehmer und Behörden über Vorschriften voran. Selbst die Kommunen spielen dabei eine wichtige Rolle.

Das Shuttle mit Wegner an Bord stoppt in einer etwas trostlosen Ecke am Rande des alten Rollfelds. Dort haben sich neben EasyMile noch zwei weitere junge Unternehmen eingenistet, die an der Zukunft des Autos ohne Fahrer arbeiten. Während die Software von EasyMile schon in automatisierten Wagen weltweit genutzt wird, programmiert der Nachbar Motor AI noch an Prototypen und Vay, das dritte Unternehmen, fährt Autos ferngesteuert, derzeit in einem Pilotprojekt in den USA. Alle drei teilen sich Tegel als Testfeld: Was die Google-Tochter Waymo in San Francisco auf der Straße probt, tun sie auf der Startbahn des alten Flughafens.

Blickt man auf die Zahl der Kilometer, die sogenannte Robotaxis auf der Straße zurückgelegt haben, dann hinkt Europa bei der Entwicklung weit hinter den USA und China her. Allein im Jahr 2022 fuhren autonome Pkw wie die von Waymo in Kalifornien 8,2 Millionen Kilometer, in China kamen Testwagen auf 18 Millionen Kilometer. Vergleichbare Versuche gibt es in Europa nicht. Hier werden Details erst gesetzlich geregelt.

Die treibende Kraft dahinter ist das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Beamte der Behörde in Flensburg sitzen in UN-Gremien, die weltweite Regeln für autonome Autos schaffen. Auf einem Kongress des Autoverbands VDA in Berlin sagte KBA-Präsident Richard Damm kürzlich, er finde beeindruckend, was Firmen wie Waymo in den USA schafften.

„Leider haben wir hier nicht diese risikobehafteten Geschäftsmodelle“, sagte er. „Trotzdem müssen wir uns nicht verstecken.“ Bei seiner Behörde lägen 19 Genehmigungsanträge für die Erprobung von autonomen Fahrzeugen. Außerdem wurden gerade Leitlinien veröffentlicht, nach denen Kommunen deren Einsatz prüfen können.

„Regulierung schafft Chancengleichheit“

Auch Motor AI hat eine Typengenehmigung beim KBA beantragt. Der Co-Gründer des Start-ups, Roy Uhlmann, kann das Testfeld in Tegel über einen wandgroßen Bildschirm vom Büro in Kreuzberg aus beobachten. Seine Mitarbeiter vor der Wand fungieren als „technischer Überwacher“ – ein Begriff, den die „Verordnung zur Genehmigung und zum Betrieb von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion in festgelegten Betriebsbereichen“ definiert hat.

Wie praktisch, dass Uhlmann kein Programmierer ist, sondern Jurist. Von Anfang an hat Motor AI seine Technologie so entwickelt, dass sie in den europäischen Rechtsrahmen passt. „Die Regulierung schafft Chancengleichheit in Europa“, sagt Uhlmann. „Man kann sich die Zulassung nicht kaufen, sondern muss nachweisen, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit der einzelnen Komponenten den Vorgaben entspricht.“ Die Motor-KI ist laut dem Unternehmen keine Blackbox wie etwa ChatGPT, sondern sie treffe nachvollziehbare Entscheidungen.

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Seit 2017 arbeitet das Start-up an seinem automatischen Fahrer, der Sensor- und Steuerungstechnik. „Systeme wie das von Waymo müssen in Millionen von Testkilometern auf alle möglichen Szenarien trainiert werden. Unser System trifft dagegen selbstständig Entscheidungen im Rahmen der Verkehrsregeln. Es muss nicht trainiert werden“, sagt Uhlmann. Deswegen sei ein Vergleich der gefahrenen Testkilometer Unsinn. „Wir sind die dritte Welle im autonomen Fahren.“

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Diese Welle bringt keine Robotaxis für Privatleute mit sich, sondern Fahrzeuge, die Bus und Bahn ergänzen. Die ersten Kunden werden Anbieter des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) sein, da sind sich Fachleute einig. Damit stehen Politiker wie Wegner plötzlich in der ersten Reihe, wenn es um die KI-Anwendung geht. Er sei offen dafür, sagte der Bürgermeister beim Besuch von EasyMile. „Ich möchte, dass autonomes Fahren, wenn wir es hier produzieren, auch hier zur Anwendung kommt.“

In Belgien fahren die Shuttles des Unternehmens schon autonom auf einem 4,5-Kilometer-Rundkurs in einem Ferienpark. Auf der Straße müssen sie noch von Sicherheitsfahrern begleitet werden. Alle in der Branche wollen nun raus aus den Pilotprojekten und rein in den Regelbetrieb. Wann es aber genau so weit sein könnte, ist noch unklar. „Unser Ziel ist es, dem ÖPNV dabei zu helfen, Verkehrsleistungen zu erbringen, die er aufgrund des Fahrermangels nicht bringen kann“, sagt Uhlmann. Das Interesse von ÖPNV-Anbietern sei sehr groß.

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