Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will Fachkräfte aus dem Ausland mit einem Steuerrabatt locken. „Warum nicht eine auf einige Jahre befristete reduzierte Steuerlast für diejenigen, die einen Arbeitsplatz in Deutschland aufnehmen“, sagte Lindner auf einer Veranstaltung der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung in Berlin.
Deutschland sei bislang „vielleicht attraktiv für die Einwanderung in den Sozialstaat, aber nicht in den Arbeitsmarkt“, sagte der FDP-Vorsitzende. Leider sei das Land bei Steuern und Abgaben, beim Bildungssystem, der Infrastruktur und der Digitalisierung der Verwaltung weniger attraktiv als viele glaubten.
Ein Einkommensteuerrabatt sei ein konkreter Vorschlag, um dem zu begegnen. Den hätten viele europäische Staaten, Deutschland bisher nicht.
Inwieweit ein solcher Rabatt bereits Teil des „Dynamisierungspakets“ für die Wirtschaft sein könnte, dass die Ampel-Koalitionäre bis Sommer ausarbeiten wollen, ließ Lindner offen. Derzeit werde an den Details gearbeitet, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium auf Nachfrage. Man prüfe die Übertragbarkeit von Modellen anderer Länder auf Deutschland.
An Beispielen in Europa fehlt es nicht. In den Niederlanden gibt es die 30-Prozent-Regel. Nach dem dortigen „Expat-Tax-Regime“ kann ein Arbeitgeber mit einer steuerfreien Zulage in Höhe von 30 Prozent locken, um an Fachwissen zu kommen, das auf dem niederländischen Arbeitsmarkt so nicht oder zumindest kaum zu finden ist. Nach einer Änderung zum Jahreswechsel kommen hoch qualifizierte Arbeitnehmer aus dem Ausland seit diesem Jahr nur noch für 20 Monate in den Genuss des Steuerrabatts in Höhe von 30 Prozent, für die nächsten 20 Monate sinkt dieser auf 20 Prozent und für die letzten 20 Monate auf zehn Prozent.
Anderes Beispiel Österreich: Dort können ausländische Fachkräfte, die für eine begrenzte Zeit in das Land kommen, bis zu 10.000 Euro als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Begründet wird dies mit höheren Ausgaben für die doppelte Haushaltsführung.
Solidaritätszuschlag-Ende und Bürokratieabbau
Mit Blick auf die anstehenden Gespräche mit den Koalitionspartnern von SPD und Grünen zur Erhöhung der Wettbewerbskraft des deutschen Wirtschaftsstandorts wiederholte Lindner zudem seine Forderung, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen. Dieser muss seit 2020 außer von gut verdienenden Arbeitnehmern auch von vielen Unternehmern und Anlegern weiterhin gezahlt werden.
Der „Einstieg in den Ausstieg“ sei 34 Jahre nach der deutschen Einheit eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit, sagte Lindner. Um den Zuschlag abzuschaffen, ist der Bund nicht auf die Zustimmung der Länder angewiesen, da die Einnahmen vollständig an ihn gehen. Einkommen- und Körperschaftsteuer sind dagegen sogenannte Gemeinschaftsteuern.
Auch beim Dauerthema Bürokratieabbau forderte Lindner Erleichterungen für Unternehmen. „Jetzt, wo es leider eine europäische Lieferkettenrichtlinie gibt, muss das nationale Lieferkettengesetz aufgehoben werden“, sagte der FDP-Chef.
Die Bundesregierung hatte sich auf Druck der FDP bei der Abstimmung in Brüssel enthalten. Da Italien allerdings seinen Widerstand aufgegeben hatte, nachdem die Vorgaben abgeschwächt worden waren, kam am 15. März die notwendige Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten zustande.
Die neuen europäischen Regeln sollen ab 2028 greifen. Betroffen sind Firmen mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mindestens 450 Millionen Euro.
Damit werden weniger Betriebe erfasst als ursprünglich vorgesehen. Das komplette EU-Parlament soll am 24. April grünes Licht gegeben. Dies gilt als wahrscheinlich.