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Wirtschaft BP-Europa-Chef

„Wird das Autofahren in den nächsten Jahren zum Luxus, Herr Wendeler?“

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Quelle: Getty Images/Westend61
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Der Mineralöl-Riese BP will Investitionen in klimafreundliche Technologien steigern. Europa-Chef Patrick Wendeler gibt dem Verbrenner dennoch eine Zukunft. Vorgaben für Ladesäulen hält er für unsinnige Planwirtschaft. Und er räumt mit einer Illusion grüner Energiepolitik auf.

Patrick Wendeler erzählt ein Beispiel deutscher Bürokratie. Bei der Planung einer Stromladesäule mussten seine zuständigen Kollegen einer Landesbehörde nachweisen, welche Lautstärke und Lärmbelästigung von der Ladestation ausgehen werde – an einem Aral-Rastplatz direkt neben einer Autobahn. Die Tankstellenkette gehört zu BP Europa SE, deren Vorstandschef Wendeler ist. Seit einem Jahr verantwortet der gebürtige Hamburger das Geschäft des Energiekonzerns BP in sieben europäischen Ländern.

WELT: Der Verkauf von E-Autos bricht bei den Autoherstellern ein, stattdessen sind Fahrzeuge mit Benzin- und Dieselmotoren wieder stärker gefragt. Ihre Tankstellenmarke Aral investiert jedoch viel Geld in den Aufbau von Stromladesäulen. Ändern Sie jetzt den Kurs?

Patrick Wendeler: Der Absatz von Elektroautos wird nicht linear verlaufen, da gibt es auch mal Rückschläge. Mich verwundert diese Entwicklung nicht. Dennoch wird sich die Elektromobilität langfristig durchsetzen. Ob es bis zum Jahr 2030 jene 15 Millionen E-Autos geben wird, wie es die Bundesregierung erwartet, das wird man sehen. Aral wird jedenfalls das Ziel von 20.000 Schnellladepunkten bis 2030 weiterverfolgen. Die Akzeptanz in unserer Kundschaft ist schon jetzt groß. In unserem Stromladenetz konnten wir binnen elf Monaten die Zahl der Nutzungen von einer Million auf 2,5 Millionen erhöhen.

Patrick Wendeler
Patrick Wendeler
Quelle: PB

WELT: Wenn es denn genug neue E-Autos geben wird. Woran liegt Ihrer Meinung nach die Stagnation der Nachfrage?

Wendeler: Ein Aspekt ist sicher das Auslaufen der Förderprogramme durch den Staat. Ein anderer Punkt betrifft das Fehlen einer ausreichend großen Ladeinfrastruktur. Der Wille zum Ausbau ist da, nur gibt es zu viele bürokratische Hindernisse. Die Bauanträge dauern zu lange, es fehlen Standards bei den Genehmigungen ebenso wie Netzanschlüsse vor Ort. Bei uns ist durchschnittlich jedes zweite Bauvorhaben verzögert. Wir könnten heute 1000 Ladesäulen mehr in der Nutzung haben, wenn die Behörden schneller arbeiten könnten.

WELT: Dabei will die Bundesregierung den Tankstellenketten nun vorschreiben, mindestens eine Ladesäule pro Station aufzubauen. Halten Sie das für einen guten Plan?

Wendeler: Nein, das ist ein unsinniges planwirtschaftliches Instrument. Wir müssten dann Ladesäulen an Stellen errichten, an denen kein Platz dafür ist oder an denen unsere Kunden sie nicht haben wollen. Allerdings gehen wir davon aus, dass eine derartige Versorgungsauflage des Staates kommen wird. Wir hoffen jedoch, dass es sinnvolle Anpassungen der Regeln geben wird. Wenn zum Beispiel an benachbarter Stelle zu einer Tankstelle auf dem Parkplatz eines Supermarktes bereits eine Ladesäule von uns steht, könnte die Auflage für diese Station entfallen.

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WELT: Statt in Ladesäulen investieren einige Tankstellenmarken gerade in eine neue Sorte Diesel, die weniger CO₂-Ausstoß verursacht, HVO 100 genannt. Noch im April soll der Verkauf starten. Wird die BP-Tochtergesellschaft Aral dabei sein?

Wendeler: Auch bei Aral wollen wir HVO anbieten, selbst wenn der Kraftstoff aus unserer Sicht mehr zum Lkw-Verkehr als zum Pkw passt. Wir werden noch viele Jahre lang Benzin und Diesel benötigen, doch diese Kraftstoffe müssen dekarbonisiert werden. Auch wenn die genannten 15 Millionen E-Autos im Jahr 2030 erreicht werden sollten, wird es dann noch mindestens 30 Millionen Pkw mit Benzin- und Dieselantrieb geben. Wir werden diese Kraftstoffe so lange anbieten, wie sie nachgefragt werden. Und wir planen aktuell keine Benzinsorte aus dem Angebot zu nehmen, das betrifft Super E5 wie auch Super E10.

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WELT: Diesel und Benzin müssen dann aber auch produziert werden. An Ihrem Raffineriestandort Gelsenkirchen streichen Sie gerade jede zehnte Stelle. Hat BP kein Interesse mehr an den eigenen Raffinerien?

Wendeler: Unsere Raffinerien sind ein wesentlicher Teil unserer Strategie hin zur Klimaneutralität. Wir werden die Standorte in Gelsenkirchen und Lingen dafür jedoch umbauen müssen. Die Rohölverarbeitung in Gelsenkirchen werden wir von heute zwölf Millionen Tonnen im Jahr bis Ende 2025 auf acht Millionen Tonnen verringern. Parallel dazu werden wir die Produktion von biogenen Flugkraftstoffen aufbauen. Möglicherweise wird chemisches Recycling als neue Technologie hinzukommen. Dafür müssen wir im Wettbewerb auch bei den Kosten bestehen können. Den Bedarf, unser Portfolio an Raffinerien zu vergrößern, haben wir jedoch nicht.

WELT: Sind Sie dafür, das Verbrennerverbot zurückzunehmen, wie es einige politische Parteien vorschlagen?

Wendeler: Sie werden von uns nie die Aussage hören, dass wir eine Technologie pauschal ausschließen. Wir glauben, dass E-Fuels auf Wasserstoffbasis perspektivisch eine Rolle spielen werden, zuerst bei den schwer zu dekarbonisierenden Industrien, dann auch in der Luftfahrt und in der Schifffahrt. Gemessen am Kriterium der Bezahlbarkeit werden sich E-Fuels im Straßenverkehr im Vergleich zu anderen Technologien allerdings schwertun. Aber wir schließen sie nicht aus.

WELT: Die Ölkonzerne ExxonMobil mit der Marke Esso und Total haben ihre deutschen Tankstellen an internationale Unternehmen aus dem Einzelhandel verkauft. Hat BP das bei Aral auch vor?

Wendeler: Tankstellen haben einen berechtigten Platz in der Mobilität. Sie werden sich stärker ausdifferenzieren und an der Kundennachfrage ausrichten. Bei uns wird zum Beispiel der Verkauf von frischen Lebensmitteln im Tankstellenshop noch zunehmen. Wir optimieren unser Tankstellennetz permanent. Die Gesamtzahl wird sich aus heutiger Sicht nicht wesentlich verändern. Ein Verkauf von Aral ist nicht geplant.

WELT: Wird das Autofahren in den nächsten Jahren zum Luxus und sich über die allgemeine Inflationsrate hinaus verteuern?

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Wendeler: Zunächst einmal wird der Fuhrpark in Deutschland in der Größe etwa konstant bleiben. Der kommerzielle Transport wird sich noch erhöhen. Der Individualverkehr wird stark bleiben, auch wenn Vernetzungen der Verkehrsträger und Mobilitätsangebote zunehmen werden. Bei den Preisen erwarte ich keine wesentlichen Verschiebungen. Ich gehe nicht davon aus, dass die Ausgaben für das Autofahren disproportional aus dem Ruder laufen werden.

WELT: Der Konzern BP wandelt sich auch zum Ökostrom-Produzenten. An der Börse laufen Aktien von fokussierten Ölschwergewichten wie ExxonMobil und Chevron jedoch deutlich besser. Verzettelt sich BP?

Wendeler: Wir stellen Öl und Gas so lange bereit, wie unsere Kunden das brauchen. Gleichzeitig investieren wir in emissionsarme Zukunftstechnologien. Im vergangenen Jahr flossen 23 Prozent unserer Investitionen in klimafreundliche Energie. Bis 2030 soll dieser Anteil auf 50 Prozent wachsen. Insofern ist das ein kontinuierlicher Weg. Für Deutschland planen wir dafür bis 2030 Ausgaben von zehn Milliarden Euro. Das schafft uns einen enormen Gestaltungsraum.

WELT: Von den zehn Milliarden Euro bleibt nicht so viel, wenn Sie allein 6,8 Milliarden Euro für die Baurechte von Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee zahlen.

Wendeler: Wir schaffen damit eine Grünstrom-Quelle, mit der wir beispielsweise Elektrolyseure betreiben können. Diese Anlagen liefern uns Wasserstoff, mit dem wir klimaneutrale Kraftstoffe herstellen. Und wir brauchen diesen Grünstrom auch, um unsere Ladenetze zu betreiben. Im Übrigen sind die von Ihnen genannten Beträge erst nach dem Jahr 2030 fällig und somit zusätzlich zu den zehn Milliarden Euro zu verstehen.

WELT: Aber billig kann diese grüne Energie bei so hohen Anfangskosten für die Offshore-Windkraft kaum werden.

Wendeler: Die Anfangskosten unserer Offshore-Windparks verteilen sich über die gesamte Laufzeit der Anlagen. Und wenn man bedenkt, dass dort kein Netzanschluss mehr durch uns gelegt und finanziert werden muss, waren unsere Gebote auch im internationalen Vergleich durchaus wettbewerbsfähig. Dazu noch zwei Dinge. Erstens: Wir können rechnen und wir gehen beim Investieren verantwortungsvoll mit dem Geld unserer Eigentümer um. Zweitens: Ich sage nicht, dass wir auf ein grünes Schlaraffenland zusteuern, in dem Grünstrom extrem billig sein wird. Solche Großprojekte haben ihren Preis, und das wird so bleiben.

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WELT: Kritiker sagen, bei der Windkraft setzen Sie zu viel Geld auf eine Technologie, die Sie als Ölkonzern nicht wirklich verstehen. Bisweilen gibt es sogar Gerüchte am Markt, die BP als Übernahmekandidaten sehen.

Wendeler: Ich konzentriere mich auf die Dinge, die ich beeinflussen kann. Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass wir unsere Strategie in Deutschland vernünftig umsetzen. Was uns antreibt, ist der Wille, auf eine profitable Weise die Transformation zu Null-Emissionen bis 2050 oder früher zu schaffen. Und natürlich muss da noch viel passieren. Dazu gehört auch, dass die Gesellschaft diese Transformation will.

WELT: Will sie denn? Zuweilen kann man den Eindruck haben, dass die Mineralölwirtschaft mit immer neuen Vorgaben dazu gezwungen wird, beim Kunden eine Öko-Transformation durchzusetzen, die der gar nicht will.

Wendeler: Ich glaube nicht, dass wir gegen den Willen der Gesellschaft handeln. Dafür spricht für mich zum Beispiel die wachsende Akzeptanz für Elektromobilität oder für Biokraftstoff-Quoten, nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch in der Luftfahrt. Viele verstehen: Es muss Spieler wie uns geben, die in diesem Energiesystem der Zukunft ein vernünftiges Geschäftsmodell entwickeln. Dieses Modell trägt sich selbst und erwirtschaftet Gewinne, die dann reinvestiert werden können. Und unsere Aktionäre honorieren es, wenn wir angekündigte Projekte auch wirklich in Konsequenz zu Ende führen. Denn sie wissen, dass wir dabei nicht mit dem Kopf durch die Wand gehen.

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