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Luftfahrt

„Mengen von Gepäck kommen völlig unangekündigt in Hamburg an“

Autorenprofilbild von Olaf Preuß
Von Olaf PreußWirtschaftsreporter
Veröffentlicht am 19.08.2022Lesedauer: 4 Minuten
Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hamburg Airport
Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hamburg AirportQuelle: Bertold Fabricius

Hamburg Airport rechnet für dieses Jahr mit elf Millionen Passagieren und einem weiteren Verlust. Verspätungen und Probleme bei der Gepäckabfertigung bleiben.

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Der Verkehr am Flughafen Hamburg wächst wieder, es bleiben jedoch weiterhin Probleme, vor allem bei der Ausgabe des hereinkommenden Gepäcks und bei der Abfertigung abreisender Passagiere. „Wir gehen für dieses Jahr von elf Millionen Passagieren aus“, sagte am Donnerstagabend beim Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung des Betreiberunternehmens Hamburg Airport. „Und wir werden mit einem Verlust von etwas unter 40 Millionen Euro abschließen.“

Zum Vergleich: Das vergangene Jahr, das noch deutlich stärker als dieses Jahr von den Folgen der Pandemie geprägt war, hatte Hamburg Airport mit rund 5,3 Millionen Passagieren und einem Verlust von 94 Millionen Euro abgeschlossen. Der Verlust war allerdings durch eine Förderung der Stadt Hamburg und des Bundes verringert worden. Der Stadt gehören 51 Prozent an Hamburg Airport, 49 Prozent hält das Unternehmen Hamburg Airport Partners. Im Jahr 2019, dem letzten Jahr vor dem Beginn der Pandemie, bilanzierte Hamburg Airport rund 17 Millionen Passagiere und etwa 32 Millionen Euro Gewinn. Für 2023 strebt Hamburg Airport eine „schwarze Null“ an, für 2024 wieder einen Gewinn.

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Großen Verdruss bei den Passagieren hatten während der Sommerreisemonate vor allem lange Verzögerungen und Staus bei der Gepäckausgabe verursacht. Eggenschwiler sagte, der Flughafen Hamburg könne dieses Problem nur bedingt lindern: „Wir sind nicht die Ursache dafür, wir sind nur das letzte Glied in der Kette, weil viele Reisende umsteigen, bevor sie dann letztlich nach Hamburg fliegen.“ Wenn an den großen Luftdrehkreuzen wie etwa London, Paris oder Frankfurt die Gepäckabfertigung nicht funktioniere, werde das Gepäck zwangsläufig zu spät nach Hamburg gebracht, im Zweifel mit späteren Flugzeugen: „Nach wie vor kommen Mengen von Gepäck völlig unangekündigt in Hamburg an.“

Hamburg Airport tue alles, um die Verzögerungszeiten bei der Gepäckausgabe zu reduzieren. Im Juli sei die Kurzarbeit bei der Belegschaft beendet worden. Allerdings fehle nun an manchen Stellen Personal, das nachbesetzt werden müsse. „Die händische Nachbearbeitung der Koffer kostet Zeit. Wir haben immerhin schon erreicht, dass die Bearbeitung des Gepäcks etwas schneller vorangeht.“ Es gebe aber nach wie vor einen großen Bestand an Gepäckstücken, die nicht regulär zu den Reisenden gelangt seien. „Wir werden alle Abläufe überprüfen, an denen wir beteiligt sind, und wenn nötig Personal nachführen.“ Auch bei der Abreise würden die Passagiere verstärkt durch Mitarbeiter von Hamburg Airport unterstützt, etwa an den Automaten zur Gepäckaufgabe.

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Kurzfristige Entlastung etwa durch Saisonkräfte aus der Türkei an den deutschen Flughäfen hält Eggenschwiler für wenig zielführend. Die nötige Qualifikation der Mitarbeiter etwa im Vorfelddienst sei sehr aufwändig und kompliziert: „Das lohnt sich nicht unbedingt für einen Arbeitsaufenthalt von wenigen Wochen oder Monaten.“ Besser wäre es, „weltweit“ und längerfristig geeignetes Personal anzuwerben, anstatt sich auf bestimmte Länder wie die Türkei zu fokussieren. Die Bundesregierung hatte Ende Juni schnelle Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für Personal aus der Türkei in Aussicht gestellt, um die deutschen Flughäfen zu entlasten.

Eggenschwiler sagte, Hamburg Airport stehe in einem intensiven Dialog mit den Fluggesellschaften, um das Problem der Flugverspätungen und auch das des Gepäcktransports zu lindern. Derzeit seien etwa 40 Prozent aller Flüge verspätet, in den Sommer-Ferienwochen seien es etwa 50 Prozent gewesen. „Die Branche muss wieder zu ihrer alten Abfertigungsqualität zurückkommen. Mein Anliegen ist es, dass wir wieder eine hohe Stabilität in das System bringen.“

Die Flugverspätungen ziehen sich so durch die Flugpläne, dass viele Fluggesellschaften nachts noch in Hamburg starten und landen. Der reguläre Flugbetrieb dauert von 6 bis 23 Uhr. Für spätere Starts und Landungen müssen die Fluggesellschaften Strafen zahlen. Im Juli habe es 160 Flugbewegungen nach 23 Uhr gegeben, sagte Eggenschwiler, 135 Starts und 25 Landungen. Für den August habe man bislang 60 Flugbewegungen nach 23 Uhr registriert. Ein eigenes Team bei Hamburg Airport arbeite in enger Abstimmung mit den Fluggesellschaften daran, diese Verspätungen zu verringern.

Eggenschwiler erwartet, dass der Flughafen Hamburg im Jahr 2024 wieder 80 Prozent und im Jahr 2025 wieder 85 Prozent der Passagiere von 2019 erreicht: „Die Luftfahrtbranche wird zu ihrer alten Stärke zurückfinden, da bin ich sicher.“ Ausbauprojekte wie etwa zusätzliche Gates seien bis auf Weiteres gestoppt. Weiterhin arbeite der Flughafen aber daran, seinen Ausstoß an Treibhausgasen im Eigenbetrieb zu senken. Der Flughafen arbeite inzwischen „CO2-neutral“, darin seien allerdings Ausgleichsmaßnahmen wie etwa Aufforstungen enthalten. Bis zum Jahr 2035 solle der Betrieb am Hamburger Flughafen effektiv „CO2-frei“ sein.