Airbus verkauft weltweit die meisten Flugzeuge, aber im Zukunftsmarkt elektrischer Flugtaxis gehört der Konzern zu den Nachzüglern. Die Neulinge im Luftfahrtmarkt, die deutschen Unternehmen Lilium oder Volocopter, erproben ihre Modelle bereits in Flugtests.
Während sie auf ihren Markteintritt durch die Zulassungsbehörden hoffen, versucht Airbus nun den Markt von hinten aufzurollen. Soeben präsentierte der Flugzeugbauer am Stammsitz von Airbus Helicopters im bayerischen Donauwörth den Prototypen des Modells CityAirbus NextGen.
Für die Airbus-Verantwortlichen kommt ihr Modell für drei Passagiere plus ein Pilot keineswegs zu spät. Der Erfolg im Zukunftsmarkt E-Mobilität für Großstädte sei „kein Sprint, sondern ein Marathon“, sagt die Chefin von Airbus Urban Air Mobility, Balkiz Sarihan, bei der Vorstellung.
„Sicherheit und Zuverlässigkeit“, sind die einzigen Prioritäten, erklärte der Deutschland-Chef von Airbus Helicopters, Stefan Thomé. „Wir sind die Stimme der Vernunft.“ Als Unterscheidung zum Wettbewerb erklärt er: „Die Einzigartigkeit ist unsere Erfahrung.“
Im Unterschied zum Zivilflugzeugmarkt mit dem Zweierwettbewerb Airbus gegen Boeing steckt der Markt für E-Senkrechtstarter für Kurz- und Mittelstrecken noch in der Anfangsphase. Neben der Technik, Zulassungshürden und der Wirtschaftlichkeit ist auch die öffentliche Akzeptanz noch offen.
Weltweit dürften es über 100 Konzepte für Flugtaxis geben. Experten sind sich einig, dass nicht alle Anbieter wirtschaftlich überleben werden.
Während Schwergewichte wie Airbus oder Boeing mit seiner Flugtaxi-Tochter Wisk diesen Markt quasi nebenbei mitlaufen lassen können, hängt für Start-ups alles am Erreichen von Meilensteinen, um Investoren bei Laune zu halten und um ständig frisches Geld einzuwerben.
So präsentiert sich Airbus im Flugtaxi-Markt als gelassener Riese, der von einem Öko-System für neue Elektromobilität in der Luft spricht und den CityAirbus NextGen als Plattform für neue Flugtechnik bis hin zum autonomen Fliegen nutzen will.
Der Konzern leistete sich sogar zwei unterschiedliche Prototypen und fuhr zweigleisig, um das richtige Konzept zu finden. In den USA wurde das einsitzige Vahana-Modell erprobt mit dem Erstflug 2018 und in Deutschland hatte 2019 eine erste Version des CityAirbus den Erstflug.
Der jetzt präsentierte CityAirbus NextGen mit rund 2,2 Tonnen Gewicht soll im Einsatz 120 km/h schnell fliegen, bei 80 Kilometern Reichweite. Er hat nur wenig mit dem sogenannten Demonstrator der ersten Version der CityAirbus zu tun, der im Frühjahr 2019 auf dem Rathausplatz von Ingolstadt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Der CityAirbus NextGen hat nun Tragflächen mit knapp 13 Metern Spannweite für den Auftrieb und aus Sicherheitsgründen 16 Elektromotoren vom US-Hersteller Magicall für acht Propeller.
Die Batterien kommen aus dem südfranzösischen Toulouse von der Airbus Rüstungs- und Raumfahrtsparte. Der Erstflug ist für die zweite Jahreshälfte geplant und gegen Ende des Jahrzehnts der erste kommerzielle Einsatz.
Zeitplan von Airbus hängt der Konkurrenz hinterher
Dieser Zeitplan liegt deutlich hinter den Ankündigungen von Volocopter oder Lilium oder den großen US-Flugtaxi-Entwicklern Archer und Joby. Volocopter will bei den Olympischen Spielen im Sommer in Paris zumindest Präsentationsflüge zeigen. Lilium hofft bis Jahresende auf den ersten bemannten Flug und 2026 auf die kommerzielle Markteinführung.
Vor allem Lilium verfolgt penibel die Airbus-Schritte. Das Start-up ist der kleine, ambitionierte Herausforderer von Airbus und zielt weniger auf Flugtaxiverbindungen in Großstädten ab und versteht sich eher als ICE-Ersatz.
Lilium-Verwaltungsratsvorsitzender ist der ehemalige Airbus-Chef Tom Enders, der einst bei dem großen Luftfahrtkonzern von den Chancen für Flugtaxis schwärmte und jetzt den Konkurrenten beaufsichtigt. Lilium-Chef ist der Ex-Airbus-Top-Manager Klaus Roewe. Auch an anderen Schaltstellen sitzen Ex-Airbus-Manager.
Lilium muss als Neuling regelmäßig um frisches Geld von seinen Investoren betteln, während Airbus gelassen auf prall gefüllten Kassen sitzt. So sind bei Lilium bis Ende 2022 bereits 970 Millionen Euro Verluste aufgelaufen.
Der neue 2023er-Verlust ist noch nicht publiziert. Lilium sieht seine Ausnahmestellung durch sein Technikkonzept mit E-Jet-Turbinen, statt Rotoren wie bei Airbus und fast allen anderen Konkurrenten.
Lilium behauptet, sein als kleiner Regionalflieger ausgelegtes Modell könnte leicht für mehr Passagiere und Reichweite vergrößert werden. Das wäre auch beim CityAirbus NextGen möglich, heißt es beim Luftfahrtschwergewicht.