Scott Ferguson macht keinen Hehl daraus, dass er Top-Managern gern den Job nimmt. Zu den schwierigsten Operationen gehöre es, Konzernchefs abzusägen – aber auch zu den finanziell lukrativsten, plauderte der Profi-Investor kürzlich auf einer New Yorker Investorenkonferenz.
Jetzt hat der Chef der Investmentfirma Sachem Head ein Angriffsziel in Deutschland gefunden: Dem Fonds des Aktionärs-Aktivisten gehören 3,6 Prozent am Berliner Lieferkonzern Delivery Hero. Mit der an der Börse zusammengekauften Minderheitenposition will Ferguson einen Strategiewechsel erzwingen – und womöglich sogar Firmengründer und Chef Niklas Östberg stürzen. Ein entsprechender „Bloomberg“-Bericht sei zutreffend, hieß es aus dem Investoren-Umfeld. Öffentliche Forderungen gibt es aber noch nicht.
Der Stanford- und Harvard-Absolvent Ferguson hat die Liefer-Branche schon länger im Visier: Ende 2023 war er beim britischen Anbieter Deliveroo eingestiegen und hatte den Konzern als potenzielles Übernahmeziel gebrandmarkt.
Klar ist: Auch Delivery Hero hat an der Börse seit Ende 2022 deutlich Federn gelassen – wie viele Online-Konzerne, die im Pandemie-Boom ihr rasantes Wachstum mit schwachem Gewinn erkauften. Der Aktienkurs ist seitdem von über 130 Euro je Aktie auf bis zu gut 16 Euro gefallen.
Aktivisten wie Ferguson nutzen solche Schwächen aus, um als Minderheitsaktionär Strategie- und Managementwechsel zu erzwingen und damit den Kurs nach oben zu treiben. Bei Delivery Hero ist das bereits durch die kolportierte Attacken-Absicht gelungen: Der Kurs sprang am Donnerstagnachmittag um gut 16 Prozent nach oben. Delivery Hero teilte auf Anfrage mit, grundsätzlich „keine Marktgerüchte oder Spekulationen“ zu kommentieren.
Ferguson rühmt sich, schon vier Chefwechsel herbeigeführt zu haben
Ferguson, dessen Fonds relativ bescheidene 3,3 Milliarden Euro verwaltet, hat bereits einige Stürze zu verantworten. Der Aktivist rühmt sich, seit 2017 bereits bei vier mittelgroßen Konzernen einen Chefwechsel herbeigeführt zu haben: dem Software-Haus Autodesk, dem US-Chemiekonzern Olin, International Flavors & Fragrances und dem Lebensmittel-Logistiker US Foods. Auch will er 2018 den Verkauf der britischen Kaffeehauskette Costa an Coca-Cola beschleunigt haben. In Deutschland ist er derzeit am Chemiekonzern Lanxess beteiligt.
Bei Delivery Hero gibt es etwa über den möglichen Verkauf von Tochterfirmen Spielraum, Werte für die Aktionäre zu heben. So war Konzernchef Östberg zuletzt auf der Suche nach Käufern für Teile des Asiengeschäfts. Ein möglicher Deal soll zuletzt an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert sein.
Delivery Hero besteht aus einem Konglomerat von über die Jahre zugekauften Lieferdiensten vor allem in Wachstumsmärkten in Osteuropa, Nahost, Südostasien und Südamerika. Das Unternehmen ist an der Börse noch gut 8,75 Milliarden Euro wert und notiert im Mittelwerteindex MDax.
Der 2011 gegründete Konzern galt lange als ein Vorzeigebeispiel für ein deutsches Start-up, das es zeitweise sogar in den Leitindex Dax gebracht hatte. Der langjährige Finanzvorstand Emmanuel Thomassin hatte erst vor wenigen Wochen seinen Abschied zum September angekündigt.