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Wirtschaft „Demokratie kaputtgespart“

Mehr Schulden für alle? Die unbeirrten Forderungen von Fridays for Future und Co.

Wirtschafts- und Finanzredakteur
Eine Demonstration von Gewerkschaften und Umweltaktivisten von Fridays for Future Eine Demonstration von Gewerkschaften und Umweltaktivisten von Fridays for Future
Quelle: picture alliance/dpa
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Ein Bündnis aus Umweltgruppen, Gewerkschaften und Sozialverbänden fordert eine radikale Wende bei der Fiskal- und Haushaltspolitik und viele zusätzliche Milliarden von der Bundesregierung. Von kritischen Nachfragen lässt sich die Gruppe nicht abhalten.

Auf welche politische Forderung können sich wohl so unterschiedliche Organisationen wie Deutscher Gewerkschaftsbund, Fridays for Future, Arbeiterwohlfahrt und die Klima-Allianz Deutschland einigen? Die schlichte Antwort: auf mehr Geld für alle.

Höhere Ausgaben des Staates sind die gemeinsame Forderung, auf die sich insgesamt 18 Organisationen in einem Appell an die Bundesregierung verständigten. Vier Vertreter präsentierten sie im Gebäude der Bundespressekonferenz in Berlin, unweit von Bundestag und Kanzleramt – und provozierten dabei eine Reihe von Nachfragen. Beirren lassen wollten sie sich davon nicht.

Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt seien das „Gegenteil von dem, was wir brauchen“, sagte Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz vor der aus dem Fernsehen bekannten blauen Wand. Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund sprach von einem „finanzpolitischen Scheideweg“, vor dem Deutschland stehe. Die angekündigten Kürzungen bremsten die Wertschöpfung, gefährdeten zukunftsfähige Arbeitsplätze und trieben die gesellschaftliche Spaltung voran.

Die Fridays-for-Future-Aktivistin Carla Reemtsma stellte die Frage: „Was nützt es kommenden Generationen, wenn sie schuldenfrei sind, während der Planet unbewohnbar wird?“ Und Michael Groß von der Arbeiterwohlfahrt sah sogar die Demokratie gefährdet. „Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Demokratie kaputtgespart wird und der Staat die Herausforderungen unserer Zeit nicht anpacken kann“, sagte er.

Offen blieb in den Eingangsstatements, welche konkreten Kürzungen das Bündnis meinte. Ja, es wird auch dieser Tage wieder viel von einem Sparhaushalt gesprochen. Doch auch vor einem Jahr lamentierten einzelne Minister während der Haushaltsaufstellung, dass sie sparen müssten.

Heraus kam dann ein um 30 Milliarden Euro größerer Bundeshaushalt. Für einige Projekte ist tatsächlich weniger Geld da, dafür kamen neue Projekte hinzu. Für die Aufstellung des Haushalts 2025 gewährte Finanzminister Christian Lindner (FDP) seinen Kabinettskollegen nun zwei Wochen mehr Zeit, um ihre Ausgabenwünsche einzureichen – statt bis zum 19. April haben sie nun bis zum 2. Mai Zeit.

Mehr Schulden doch nicht alleinige Lösung

Fragen warf auch die Forderung des Bündnisses nach einem „Sondervermögen für Klimaschutz, Transformation und soziale Daseinsvorsorge“ auf. Das gibt es mit dem Kürzel KTF bekanntermaßen längst – und es werden Jahr für Jahr weniger Mittel abgerufen als bereitliegen. Im Vorjahr waren es von den vorgehaltenen 36 Milliarden Euro lediglich 20 Milliarden Euro, also 56 Prozent. Seit 2016 flossen im Durchschnitt 63 Prozent ab.

Darauf angesprochen, räumten die Bündnis-Vertreter ein, dass sich der bestehende Investitionsstau womöglich doch nicht allein mit der Forderung nach immer neuen Milliarden, sprich mehr Schulden auflösen lässt. Gewerkschafter Körzell erwähnte die schleppenden Genehmigungsverfahren und den Mangel an Fachleuten vor Ort.

Wobei auch dies aus Sicht von Klima-Allianz-Vertreterin Langkamp nur an den fehlenden Milliarden liegt: „Wir erleben immer wieder, dass die Verwaltungen schon so kaputtgespart wurden, dass sie gar nicht mehr in der Lage sind, die Förderanträge zu stellen.“

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Die zweite konkrete Forderung des Bündnisses neben einem weiteren Sondervermögen war eine „weitreichende Reform der Schuldenbremse“, also eine weitreichende Lockerung jenes Instruments, das von der Politik vor nunmehr 15 Jahren im Grundgesetz verankert wurde, um sich selbst zu disziplinieren. Danach gefragt, welche Reform sich das Bündnis vorstelle, wurde auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Vorjahr verwiesen.

Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die Umsetzung dieses Vorschlags allen Bündnispartnern reichen würde. Die sogenannte „Goldene Regel Plus“ richtet sich schließlich an dem strengen Kriterium der Nettoinvestitionen aus. Zumindest in den vergangenen Jahren wären damit nicht mehr, sondern weniger neue Schulden möglich gewesen als mit der aktuellen Schuldenbremse – und damit weniger Geld für alle.

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