Das haben sich die englischen Fußball-Fans aus Deutschland abgeschaut: Beim FA-Cup Spiel zwischen den Blackburn Rovers und Newcastle United flogen in der ersten Halbzeit Tennisbälle auf den Rasen – aus Protest gegen Investoren im Sport. Im durchkommerzialisierten englischen Fußball ist eine solche Aktion durchaus überraschend.
Manchester City gehört der königlichen Familie von Abu Dhabi, Newcastle United ist faktisch in saudi-arabischer Staatshand. Arsenal und Chelsea sind in Besitz von US-Investoren, die Wolverhampton Wanderers vom größten chinesischen Privat-Konglomerat. Ausländische Investoren gehören im englischen Fußball zur Normalität. Doch das Beispiel der Blackburn Rovers zeigt, dass das Heil nicht immer in schwerreichen Eigentümern liegt.
Die Szenen erinnerten an ein beliebiges Bundesliga-Spiel der vergangenen Wochen. 14 Minuten waren in der FA-Cup-Partie absolviert, da flogen zahlreiche Tennisbälle aus der Fankurve auf den Platz. Anders als in der Bundesliga, in der Spiele teilweise fast eine halbe Stunde unterbrochen waren, ging es in England nach nur wenigen Augenblicken weiter. Spieler und Ordner räumten die etwa 20 Tennisbälle schnell beiseite. Zusätzlich zu den Flugobjekten gab es Sprechchöre der Rovers-Anhänger: „We want Venky‘s out“ (im Wortsinn: „Venky‘s raus“).
Ex-Stuttgarter fliegt in Blackburn raus
Blackburns Anhänger protestierten damit sechsundneunzigesk gegen ihren eigenen Eigentümer. Die Venky‘s London Limited ist der britische Ableger der V H Group, einem indischen Konglomerat, das hauptsächlich Unternehmen der Geflügelindustire umfasst. 2010 übernahm Venky‘s 99,9 Prozent der Klubanteile, das Gesamtvolumen der Übernahme lag damals bei 43 Millionen Pfund.
Doch in indischer Hand blieben die erhofften Erfolge aus. Die Rovers, Gründungsmitglied der Premier League und englischer Meister von 1995, stürzten bis in die drittklassige League One ab. Seit 2018 spielt Blackburn in der 2. Liga – und steckt in dieser Saison tief im Kampf um den Klassenerhalt. Nur vier Punkte trennen den Klub von einem Abstiegsplatz. Erst vor wenigen Wochen wurde Trainer Jon Dahl Tomasson, einst Stürmer beim VfB Stuttgart, entlassen.
Zur unsicheren sportlichen Zukunft gesellt sich auch die unklare Finanzsituation. Denn die V H Group muss sich derzeit vor Gericht verteidigen. Es geht um veruntreute Vermögenswerte und die Begleichung noch ausstehender Steuerzahlungen. Bis zur Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof in Neu-Delhi, die jüngst auf Mitte März verschoben wurde, sind die Finanzströme nach England eingeschränkt – und die Rovers auf Sparkus.
Schneeball vergiftet das Verhältnis zum Eigentümer
Im Winter verliehen die Rovers ihren Kapitän Lewis Travis an Liga-Konkurrent Ipswich Town (in Hand eines US-amerikanischen Investmentfonds) und verkauften Eigengewächs Adam Wharton für eine Rekordablöse von 21 Millionen Euro an Crystal Palace (Mehrheitseigner ist ein amerikanischer Tech-Unternehmer). Der Klub hätte die Einnahmen aus dem Einzug ins Pokal-Viertelfinale gut gebrauchen können. Gegen das neureiche Newcastle unterlagen die Rovers schließlich 3:4 im Elfmeterschießen.
Es war nicht der erste Protest der Rovers gegen ihren Eigentümer. Venky‘s gehört der Familie von Gründer Banda Vasudev Rao, seit dessen Tod werden die Geschäfte von seiner Tochter Anuradha Desai geführt. Bei einer Protestaktion 2013 wurde Desais Ehemann im Stadion von einem Schneeball an der Schulter getroffen. Seitdem war kein Mitglied der Eigentümerfamilie im Ewood Park, der Heimspielstätte in Lancashire.
In der Bundesliga hatten die Tennisball-Proteste Erfolg. Die Deutsche Fußballliga hatte in der vergangenen Woche erklärt, die Verhandlungen zum Abschluss eines Milliarden-Deals nicht mehr fortzuführen.