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Wirtschaft Optimismus in der Krise

„Die nächste Kreuzfahrt steht eher auf der Kippe“ – Freizeitparks erwarten gute Saison

Wirtschaftskorrespondent
Die „Silver Star“-Achterbahn im Europa-Park bekommt Konkurrenz die „Voltron Nevera“ Die „Silver Star“-Achterbahn im Europa-Park bekommt Konkurrenz die „Voltron Nevera“
Die „Silver Star“-Achterbahn im Europa-Park bekommt Konkurrenz die „Voltron Nevera“
Quelle: picture alliance/dpa/Silas Stein
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Trotz Konsumzurückhaltung und gestiegener Preise rechnet der Freizeitparkverband mit einer guten Saison 2024. Sorgen machen der Branche allerdings Steuernachteile gegenüber ausländischen Parks und auch Konkurrenzangebote im Inland.

Fünf Rekorde soll Voltron Nevera aufstellen. Die neue Achterbahn im Europa-Park, dem größten Freizeitpark in Deutschland, wird mit dem Betriebsstart in der Sommersaison der längste sogenannte Multi Launch Coaster Europas. Gemeint sind Bahnen, die keinen Hügel hinaufgezogen werden, um dann durch Lageenergie zu beschleunigen, sondern stattdessen per Motorantrieb katapultartig Tempo aufnehmen und die Fahrgäste dabei in die Sitze pressen.

Und das passiert bei der Voltron Nevera gleich viermal auf der insgesamt 1,38 Kilometer langen Strecke und damit so oft wie bei keiner anderen derartigen Achterbahn in Deutschland. Zudem gibt es sieben Überkopf-Elemente, bei denen die Fahrgäste nach unten hängen, was ebenso einen Weltrekord bedeutet wie der Neigungswinkel beim Start. Der beträgt nämlich 105 Grad. Damit schießen die Wagen zu Beginn steiler als senkrecht auf ihre knapp zweiminütige Reise.

Der Europa-Park verspricht seinen Besuchern mit Voltron Nevera „eine völlig neue Dimension des Adrenalinkicks“ – und sich selbst mehr Attraktivität und daraus folgend einen konstant hohen Zulauf. Immerhin sind Wiederholungsgäste die mit Abstand wichtigste Zielgruppe für die gesamte Branche, wie der Verband Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen (VDFU) meldet. „Die Besucher verlangen immer neue Höhepunkte“, weiß VDFU-Präsident Friedhelm Freiherr von Landsberg-Velen, der im Hauptberuf geschäftsführender Gesellschafter des Ferienzentrums Schloss Dankern im niedersächsischen Haren/Ems ist.

Verwunderlich ist das nicht. Immerhin kann ein Familienausflug in einen der knapp 60 Freizeitparks in Deutschland kräftig ins Geld gehen. Dafür wollen die Besucher Gegenleistungen. Im Europa-Park zum Beispiel kostet ein Tagesticket für die Ende März beginnende Saison für Gäste ab zwölf Jahren je nach Wochentag zwischen 61,50 und 69,50 Euro. Der Aufschlag gegenüber dem Vorjahr liegt damit bei sieben Prozent. Das Phantasialand in Brühl bei Köln wiederum arbeitet mit dynamischen Preisen: Je früher die Gäste ein Ticket buchen, desto günstiger ist es. Die Preisspanne reicht dabei von 23 bis 64 Euro, im Vorjahr waren es noch 22 bis 61 Euro.

Zwar gibt es auch Parks, die ihre Eintrittspreise 2024 nicht erhöhen, darunter zum Beispiel der Heide Park in Soltau in Niedersachsen. Im Durchschnitt kosten Tickets aber rund fünf Prozent mehr, heißt es vom VDFU. „Wir sind kein Teil der Lieferkette, sondern dessen Ende“, sagt Landsberg-Velen WELT. „Bei uns kumulieren sich daher sämtliche Kostensteigerungen.“

Höhere Preise seien also eine direkte Folge der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, mit denen sich die Betreiber konfrontiert sehen, darunter aktuell die weiterhin hohen Energiekosten oder steigende Löhne oder auch erhöhte Materialpreise für Modernisierungen und Neuheiten.

„Gerade in Krisenzeiten wächst das Bedürfnis nach Freizeiterlebnissen“

Dennoch rechnet der VDFU mit einem starken Jahr 2024 für die Branche – trotz der Gemengelage mit den steigenden Preisen bei zugleich spürbarer Konsumzurückhaltung und Krisenstimmung bei den Verbrauchern. „Der Buchungsstand ist bereits sehr gut, sowohl bei Einzeltickets als auch bei Saisonkarten“, begründet Verbandschef Landsberg-Velen den Optimismus. Und es überrascht ihn auch nicht: „Gerade in Krisenzeiten wächst das Bedürfnis nach Ablenkung und Freizeiterlebnissen.“

Und da sei die Entscheidung für einen Ausflug in einen Freizeitpark vergleichsweise niedrigschwellig. „Die nächste Kreuzfahrt steht da eher auf der Kippe“, sagt der Unternehmer, der Vergnügungsparks zudem für gesellschaftlich relevant hält und darin ein „Ventil zur Auflösung sozialer Spannungen“ sieht und einen „wichtigen Bestandteil sozialer Teilhabe“.

Ähnlich beschreibt es auch Birgit Reckersdrees, die Marketing-Direktorin des Phantasialands: „Die Menschen goutieren, dass sie bei uns in fremde Welten abtauchen und dabei einen Tag ohne Frustration und schlechte Nachrichten verbringen können.“ Auch sie berichtet von bislang guten Vorabbuchungen.

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Sorgen gibt es in der Branche dennoch – und zwar um die künftige Wettbewerbsfähigkeit. „Der Konkurrenzdruck aus dem Ausland wird größer“, sagt VDFU-Geschäftsführer Jürgen Gevers WELT. Vor allem grenznahe Parks würden gezielt Besucher aus Deutschland anlocken, seien es niederländische und belgische oder österreichische, französische und polnische Anbieter. Eins der Lockmittel: günstigere Eintrittspreise.

Die Parks profitieren dabei von einer EU-Richtlinie, die eine reduzierte Mehrwertsteuer für gesellschaftlich relevante Dienstleistungen erlaubt, berichtet Gevers. Und praktisch alle Länder würden diese Möglichkeit nutzen, abgesehen von Dänemark, wo es keinen ermäßigten Mehrwertsteuersatz gibt. „Deutschland aber hätte ihn – und verzichtet bewusst darauf“, beklagt der Branchenvertreter und spricht von einer „Schlechterstellung im internationalen Vergleich“. Längst würden auch internationale Investoren Deutschland meiden und stattdessen in Grenznähe neue Freizeitparks aufbauen.

„Schlechterstellung gegenüber Kinos, Tierparks, Museen, Schwimmbädern und Zirkus“

Und das sei nicht alles. Auch im Inland werde die Branche gegenüber anderen Freizeitangeboten benachteiligt, die in direkter Konkurrenz stehen, schimpft Gevers. „Für Kinos, Tierparks, Museen, Schwimmbäder oder den Zirkus gilt in Deutschland der ermäßigte Mehrwertsteuersatz“, beschreibt er. Nur die Vergnügungsparks seien ausgenommen.

„Faire Sieben“ heißt deswegen eine im Frühjahr 2023 gestartete Kampagne des VDFU, die sich an die Politik richtet. Und dort gebe es sowohl bei Bundes- als auch bei Landespolitikern durchaus Verständnis. Geändert hat sich bislang allerdings nichts. Und die Sparzwänge angesichts der jüngsten Haushaltskrise machen die Aussichten nicht besser. Dazu passt, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Aussagen zu diesem Thema bei seinem Grußwort zur kürzlich abgehaltenen Jahrestagung des VDFU vermieden hat.

Dass mit einer günstigeren Mehrwertsteuer sofort die Eintrittspreise billiger werden, ist allerdings nicht gesagt. „Unser Ziel ist es, eine langfristige Preisstabilität gewährleisten und exponentielle Preissteigerungen vermeiden zu können“, sagt Gevers. Zudem werde Geld für Investitionen benötigt. „Da ist die Luft aktuell dünn nach den Zwangsschließungen in der Corona-Zeit.“ Zwar hätten alle Betriebe diese kritische Phase ohne Geschäftsaufgabe oder Eigentümerwechsel überlebt. „Notwendige Investitionen sind vielerorts aber auf der Strecke geblieben.“

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Auch den Europa-Park hat die Corona-Pandemie hart getroffen, sagt eine Sprecherin. Der Umsatzausfall wurde von Gründer Roland Mack in der Vergangenheit auf rund 400 Millionen Euro beziffert, Zahlen zu Ergebnisverlusten gab es dagegen nicht. Gleichwohl wurden damals Baustellen zwangsweise gestoppt oder erst gar nicht eröffnet, was die Fortentwicklung des Parks Mack zufolge ausgebremst hat.

Aktuell gibt es der Sprecherin zufolge 40 Projekte gleichzeitig auf dem Parkgelände. Eins davon ist die Rekord-Achterbahn Voltron Nevera. Wann genau sie eröffnet wird, steht noch nicht fest. Zum Saisonstart Ende März jedenfalls noch nicht, muss der Europa-Park zugeben. Bislang drehen Testzüge ihre Runden – mit Wasserkanistern als Passagiere.

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